Tod der Heiligen
XXVIII.
Es ist eine ruhige Nacht und sogar eine, in der ich wie alle anderen schlafen könnte, da wir auf einen Schild verzichten können. Aber ich schlafe trotzdem nicht. Zum einen habe ich mich tagsüber zur Genüge ausgeruht und zum anderen muss ich mich auf morgen vorbereiten. Ich habe es lange genug aufgeschoben, aber da wir es ab jetzt mehr mit Menschen als mit Monstern zu tun haben werden, sollte ich weniger auf Einschüchterung und mehr auf Unscheinbarkeit setzen. Menschen gehen unachtsamer mit denen um, deren Energie sie spüren können. Dazu kommt, dass wir nicht werden verbergen können, dass wir aus Ishitar stammen, wo es für Frauen als unschicklich gilt, ihre Energie auszubilden. Was bedeutet, es wäre verdächtig, wenn ich deutlich mehr Energie besitze als die Männer in unserer Gruppe.
Aus diesem Grund bin ich damit beschäftigt, ein Mana-Lager für mich herzustellen, das wie mein Halsband eine falsche Mana-Quelle vortäuscht. Dafür benötige ich zuallererst ein Medium mit einer stabilen Struktur, die mein Mana speichern kann. Im Grunde kann das alles sein, aber für eine Lichtmagierin ist etwas Organisches am besten geeignet. Zu meinem Glück haben sich die Banditen mit Monstertrophäen geschmückt und ich habe ihrem Anführer seine Kette gemopst, die aus einer Schnur besteht, an dem ein Eckzahn befestigt ist.
Ich weiß nicht, von welchem Monster er stammt, aber gemessen an der Größe des Zahns und seiner Struktur, die mir verrät, dass er nie besonders viel Energie standhalten musste, kann es nicht allzu stark gewesen sein. Aber da es ohnehin kein großes Mana-Lager werden soll, ist er ausreichend.
Nachdem ich den Zahn vorbereitet habe, kommt es darauf an, eine angebrachte Menge Mana darin zu speichern und dazu richte ich meine Augen auf Mikail, der Nachtwache hält. Überflüssigerweise, schließlich bin ich wach, aber es kommt mir gelegen und nicht nur, weil ich keine Lust habe, mit den Banditen in den Wald zu gehen.
Die Banditen sollen nicht wissen, dass ich eine Mana-Quelle vortäusche, und da sie mich bisher nicht spüren konnten, soll das so bleiben. Mikail können sie ebenfalls nicht spüren, was bedeutet, ich kann die Quelle etwas schwächer als seine machen. Vielleicht könnte ich sie sogar an Jakes anpassen, aber für den Moment warte ich darauf, dass Mikail meine ‚Präsenz‘ zu spüren beginnt.
Ich behalte ihn im Auge, während ich den Zauber so anpasse, dass lediglich er und das Mana, das ihn aufrechterhält, verborgen bleiben, und das Mana, das er speichert, sichtbar wird.
Es dauert nicht lange, da dreht Mikail den Kopf in meine Richtung und schaut mich verwundert an. Und als er sieht, dass ich ihn ebenfalls ansehe, erhebt er sich von seinem Platz nahe der Banditen, um sich zu mir ans Feuer zu setzen.
»Ich wusste nicht, dass Ihr eine Präsenz vortäuschen könnt«, sagt er und ich frage mich, ob ich das als Vorwurf verorten soll. Denn das Vortäuschen einer Präsenz ist in Ishitar verboten.
»Habe ich es überzeugend hinbekommen?«, frage ich, amüsiert von dem Gedanken, dass er tatsächlich ein Problem damit haben könnte und ich zur ersten kriminellen Heiligen in der Geschichte werde.
Er nickt. »Ich würde sie nicht anzweifeln, würde ich nicht wissen, dass es sich um eine Täuschung handelt.«
»Dann sollte sie ihren Zweck erfüllen«, antworte ich, während ich die Kette unter meiner Tunika verschwinden lasse. Dann ziehe ich den Mantel der Heiligen enger, den ich für die Nacht übergeworfen habe. »Die meisten Leute würden sich darüber wundern, wenn sie meine Präsenz nicht spüren können.« Solange es nicht die Heilige ist, erweckt eine Frau Aufsehen, wenn sie nach nur wenigen Schritten des gemächlichen Gehens zu Husten beginnt und gleichzeitig einen gewaltigen Mana-Pool besitzt.
»Natürlich. Ich wollte Euch nichts vorwerfen.« Er neigt mit einem Lächeln den Kopf, als würde er um Entschuldigung für diese Andeutung bitten.
»Gut. Denn ich plane, etwas Ähnliches für Eure Schwester zu tun.«
Seine Augen weiten sich.
Ich frage mich, ob er vergessen hat, dass sie mit ihrer nicht vorhandenen Mana-Quelle ebenfalls Aufmerksamkeit erregen würde. Aber während ich sein Gesicht betrachte, denke ich, dass er nichts vergessen hat. Er hatte einfach keine Lösung.
Das Lächeln kehrt auf Mikails Gesicht zurück und es ist um einiges weniger förmlich als zuvor. »Vielen Dank, Eure Heiligkeit«, sagt er mit weicher Stimme und ein eigenartiges Gefühl steigt in mir auf, als ich das Vertrauen in seinen Augen sehe. Was ist aus der Vorsicht und dem Misstrauen geworden, das er mir gegenüber definitiv noch empfunden hat, als wir uns vor den Soldaten versteckt haben?
»Dank Eures Segens geht es Annie so gut wie noch nie und dennoch vergesst Ihr nie, Rücksicht auf sie zu nehmen. Euch dafür nur zu danken, fühlt sich nach viel zu wenig an.«
Ich schnaube. »Das hört sich gefährlich nach einem Bestechungsversuch an, my Lord.«
Er blinzelt und senkt dann den Blick. »So habe ich es nicht gemeint. Ich will nur, dass Ihr wisst, dass ich Eure Hilfe nicht als selbstverständlich ansehe.«
Ich mustere ihn, wie er betreten zu Boden sieht. Er muss wissen, weshalb ich keinen Dank materieller Art annehmen kann.
»Und so lange wir verbergen müssen, wer wir sind, habt Ihr keine Veranlassung wie die Heilige zu handeln.«
»Oho, versucht Ihr, mich zu korrumpieren?«, frage ich, mehr um ihn aufzuziehen.
Aber Mikail richtet seinen Blick auf mich und es liegt nicht ein Anflug von Verunsicherung darin. »Ich glaube nicht, dass ich das könnte, selbst wenn ich es wollte.«
Ich nicke. »Ihr ertragt es nicht, wenn einem Banditen die Blase drückt. Das Böse liegt Euch wirklich nicht.«
Er legt die Stirn in Falten. »Ich meinte, dass Ihr niemand seid, der leicht zu korrumpieren ist.«
»Das auch.« Ich nicke erneut. Immerhin bin ich schon korrupt bis auf die Knochen. »Und schon gar nicht von Euch.«
Mikail sieht mich von der Seite an und fragt sich wahrscheinlich, wo die Demut der Heiligen geblieben ist.
Ich sehe ihn an und hebe herausfordernd eine Braue.
Er schüttelt den Kopf, aber er lächelt, als würde ihn etwas amüsieren. »Ihr habt recht. Ich bin Euch nicht gewachsen.«
Ich stütze den Kopf auf meine Hand auf, während ich ihn skeptisch ansehe. Es passt nicht zu ihm, einfach aufzugeben.
»Aber das, was ich Euch damals am Fluss gesagt habe, zählt noch immer. Ich werde mein Bestes tun, um Euch eine Hilfe zu sein.«
Das klingt mehr nach ihm. »Ich werde daran denken, wenn meine Haare wieder einmal verknotet sind.«
Er blinzelt verdutzt. Dann beginnt er zu lachen. »Wann immer Ihr mich braucht, Eure Heiligkeit.«
Ich rolle mit den Augen, als mir unsere Unterhaltung vom Abend in den Sinn kommt. Mein Titel kommt ihm so selbstverständlich über die Lippen, dass ich mich schon daran gewöhnt habe. »Lori«, sage ich mit etwas Widerwillen. Es ist der Spitzname, den meine Eltern benutzen und nicht für ein paar verzogene Adlige gedacht. Aber mein Vorname könnte erkannt werden und es wäre schwerer sich an einen völlig fremden Namen zu gewöhnen, für meine Begleiter und mich.
Mikail hört auf zu lachen und sieht mich überrascht an.
Ich atme aus, genervt, dass er mich ansieht, als wisse er nicht, wovon ich spreche. »Wie Ihr gesagt habt: Wir müssen verbergen, wer wir sind. Ihr könnt mich nicht weiterhin mit meinem Titel anreden.«
»Seid Ihr sicher?«, fragt er, als würden wir über eine schwerwiegende Entscheidung reden.
»Ihr könnt auch für den Rest unseres Weges davon absehen, mit mir zu sprechen, wenn Euch das lieber ist.«
»Das möchte ich nicht.« Er senkt den Kopf, als würde er sich ergeben. »Also dann, Miss Lori.«
»Miss?«, wiederhole ich und sehe ihn verdutzt an.
»Nur weil ich Euren Titel nicht verwenden kann, sollte ich trotzdem höflich sein«, sagt er, als würde sich das von selbst erklären.
»Niemand setzt ‚Miss‘ vor einen Vornamen, es sei denn, es geht um eine Tochter aus reichem Haus oder man will der betreffenden Person in den Ar- hrm, ich meine, man will sehr respektvoll sein«, erkläre ich, da er ‚Miss‘ wahrscheinlich für die bürgerliche Version von ‚Lady‘ hält. »Meistens benutzt man es als Ersatz, wenn man den Namen nicht kennt.«
»Nun, es war meine Absicht, respektvoll zu sein«, erwidert er und mustert mich neugierig, als wisse er nicht, wo mein Problem liegt.
»Schön, aber könntet Ihr versuchen, dabei weniger adlig zu klingen?«
Er blinzelt. »Ich klinge adlig?«, wiederholt er mit leicht gerunzelter Stirn. »Was würdet Ihr vorschlagen, das ich ändern soll?«
Alles, denke ich matt, während er mich mit einem ruhigen und beherrschten Gesichtsausdruck betrachtet und mit geradem Rücken und durchgedrückten Schultern dasitzt, die Finger sorgfältig aneinander gelegt, als wäre es das Natürlichste der Welt wie eine Statue zu sitzen. »Vergesst es«, murmle ich und richte meinen Blick auf das Feuer. »Ich werde Euch ‚Mister‘ nennen. Schlicht und einfach.« Ich nicke.
»Das könnte für Verwirrung sorgen, da ich nicht der einzige Mann in unserer Gruppe bin. Ihr könnt mich ruhig mit meinem Vornamen anreden.«
Ich sehe ihn an. »Wollt Ihr, dass man mich für eine verzogene Göre aus einem reichen Haus hält?«
Er schüttelt mit einem Lächeln den Kopf. »Ich denke, dass selbst für den Fall, dass jemand versteht, wie ich Euch anrede, diese Person nachvollziehen können wird, weshalb ich Euch gegenüber respektvoll bin.«
Ja, weil sie ihn für meinen Diener halten werden, denke ich verdrossen. Und dann werden sie sich fragen, wieso ich einen Diener habe, der adliger wirkt als ich. »Sollte ich mich geschmeichelt fühlen? Ich werde Euch trotzdem ‚Mister‘ nennen.«
»Was ist mit Jake, Dalton und Seiner Hoheit?«
Ich zucke mit den Schultern. »Ich vermeide es, mit Seiner Hoheit zu reden und Sir Dalton vermeidet es, mit mir zu reden.«
»Und Jake?«, hakt Mikail nach, als befürchte er, ich würde ihn vergessen. »Ihr habt am Nachmittag mit ihm gesprochen.«
»Ohne dabei seinen Namen zu sagen«, betone ich und hebe einen Finger. »Und ich lege es nicht darauf an, mit einem Alistair ein Pläuschchen zu halten.«
Mikail beobachtet mich eindringlich, als hätte er eine Frage auf der Zunge. Dann räuspert er sich. »Und was werdet Ihr tun, wenn Ihr gezwungen seid, einen von ihnen anzusprechen?«
»Wahrscheinlich würde ich sie mit ihren vollständigen Titeln anreden, auf Sottisch, damit jeder versteht, was ich sage«, antworte ich theatralisch und werfe Mikail einen genervten Blick zu.
Er lacht leise, aber dann ist er eine Weile still. Er starrt mit steinerner Miene in die Flammen. »Glaubt Ihr, wir schaffen es unbeschadet nach Hause?«
Ich runzle die Stirn über seine ungewöhnlich bedrückte Stimme. »Solange Ihr nicht auf halbem Weg beschließt, dass Euch Sotton besser gefällt.«
Der steinerne Ausdruck bröckelt etwas, als ein Lächeln seine Lippen umspielt. »Ich will nicht pessimistisch klingen und die anderen verunsichern, aber da Lord Alba uns bisher nicht aufspüren konnte, bezweifle ich, dass er es überhaupt kann.«
»Natürlich kann er es nicht«, antworte ich mit einem abfälligen Schnauben. »Er muss dafür gesorgt haben, dass die Mana-Spur seiner Schriftrolle nach Benutzung gelöscht wird, sodass nicht einmal er sie nachverfolgen kann. Er müsste also den gesamten Kontinent absuchen, um uns zu finden.« Ich verstehe ja, dass er verhindern wollte, dass jemand dem Mana seiner Teleportationsschriftrolle folgen kann und damit den Rückzugsort eines Königlichen entdecken würde. Aber er hätte wenigstens eine Sicherheitsfunktion einbauen können, die die Schriftrolle wirkungslos macht, wenn man einem Mentaldebuff unterliegt.
»Verzeihung, aber seid Ihr mit Lord Alba gut bekannt?«, fragt Mikail offenbar irritiert von meinem abfälligen Tonfall.
»Er war mein Lehrer«, erkläre ich mit gerümpfter Nase. »Aber wir mögen uns nicht, deswegen tun wir in der Öffentlichkeit so, als würden wir uns nicht kennen.«
»Oh«, macht Mikail, als hätte ich etwas Überraschendes gesagt. Dann lacht er und mir geht durch den Kopf, dass er sehr oft lacht, für jemanden, der sich angeblich Sorgen macht.
»Ich bin wirklich froh, dass Ihr hier seid«, murmelt er und sieht mich wieder mit diesem warmen, vertrauensvollen Blick an. »Miss Lori.«
Ich schürze die Lippen. Wie erwartet, hört es sich eigenartig an ‚Miss Lori‘ genannt zu werden. Wer setzt eine Anrede vor einen Spitznamen? Es fühlt sich an, als wäre ich ein Kleinkind, dass von den Erwachsenen verlangt, mit Respekt behandelt zu werden. Aber immerhin schafft er es, meinen Namen auf eine Art zu sagen, die völlig anders ist, als die meiner Eltern.
Ich seufze leise und werfe beiläufig einen Blick zu den Banditen, die alle zu schlafen scheinen. Aber ich kann spüren, dass ihr Anführer wach ist und er liegt mit dem Gesicht in unsere Richtung, als hätte er uns beobachtet.
Am nächsten Morgen kümmere ich mich wie versprochen um Annabella und ihre Energiequelle. Dafür muss ich lediglich meinen Segen etwas anpassen, damit das Mana zu einem Teil sichtbar wird. Vorher verwandele ich aber das Armband, das sie unter ihrer zu großen Jacke trägt, in einen Verdecker. Schließlich wäre es auch bei ihr eigenartig, wenn die Banditen sie auf einmal spüren könnten.
»Denkt daran, dass man Euch spüren wird, wenn Ihr das Armband ablegt«, erkläre ich ihr, nachdem ich fertig bin. »Sobald wir eine Stadt erreichen, wäre es besser, es nicht mehr zu tragen. Die Leute achten auf Menschen, die sie sehen, aber nicht spüren können und ein Verdecker wirkt verdächtig.«
Annabella nickt mit entschlossener Miene. »Danke, Miss Lori!«
Ich runzle leicht die Stirn. Ich habe auch ihr meinen Spitznamen genannt, ohne ‚Miss‘ davor, aber dann kam ihr dämlicher Bruder vorbei und jetzt bin ich offiziell ‚Miss Lori‘.
»Ich denke, wir sollten so früh wie möglich aufbrechen«, ertönt die Stimme des besagten Bruders und ich nehme den Blick von Annabella.
»Es ist noch ein Stück bis ins Dorf, nicht wahr, Miss Lori?« Er sieht mich an.
Ich nicke und stehe auf.
Wir haben beschlossen zu dritt ins Dorf zu gehen, Mikail, Estella und ich. Die Prinzessin wollte unbedingt mitkommen und hat sogar etwas davon geschwafelt, dass ich zurückbleiben und mich ausruhen soll. Als ob ich sie und Mikail, zwei vorzeige Adlige, allein gehen und was-weiß-ich für ein Chaos anrichten lassen würde.
»Eine Sache noch«, sage ich und richte mich an Estella. »Tragt Ihr noch Schmuck an Euch?«
Sie mustert mich misstrauisch, aber mir ist die Kette aufgefallen, die um ihren Hals hängt. Und auf meinen Blick hin zieht sie die Kette unter ihrer Tunika hervor.
Entgegen meiner Erwartung von einem Anhänger ist ein Ring dort aufgefädelt. Nicht, dass das einen Unterschied macht. Ich greife danach, aber Estella weicht mir aus.
»Was habt Ihr vor? Das ist mein Verlobungsring!«
Ich runzle die Stirn. »Er wird keinen Schaden nehmen, ich will ihn nur verzaubern.« Schmuck ist zwar nicht ideal für mich zum Verzaubern, aber ich habe schon damit gearbeitet und ihr Verlobungsring wird aus hochwertigem Material sein, sodass es unwahrscheinlich ist, dass er von meinem Mana beschädigt wird.
»Ihr wollt ihn verzaubern? Wozu?«, fragt sie und hält den Ring weiter aus meiner Reichweite.
»Rote Haare sind in Sotton sehr selten und es ist kein Geheimnis, dass die Königsfamilie von Ishitar rotes Haar besitzt. Alles, was ich tun will, ist die Belichtung Eures Haars zu verändern, so ähnlich wie ich es mit Euren Kleidern getan habe«, erkläre ich geduldig. Wahrscheinlich hätte ich das tun sollen, bevor wir auf die Banditen getroffen sind. Auf der anderen Seite müssten sie schon sehr blöd sein, wenn sie nicht auch so bemerkt haben, dass wir versuchen, unsere Identitäten zu verbergen.
Estella macht ein trotziges Gesicht. Aber sie scheint mir zuzustimmen, denn sie hält mir den Ring hin. »Und dafür müsst Ihr ausgerechnet meinen Verlobungsring benutzen?«, grummelt sie.
Ich halte inne. »Ich kann Euer Haar auch direkt verzaubern, aber dann werdet Ihr nicht in der Lage sein, die Verzauberung aufzuheben, so wie Ihr es durch das Ablegen des Rings tun könntet.«
Sie schiebt ihre Unterlippe vor und wirft ihrem Ring einen Blick zu. »Ich verstehe. Ihr dürft den Ring verzaubern, solange Ihr die Verzauberung wieder aufhebt, sobald sie unnötig geworden ist. Schließlich plane ich, diesen Ring bis zu meiner Hochzeit zu tragen!« Sie wirft einen Blick an mir vorbei, zu Mikail, wie ich vermute.
»Natürlich«, antworte ich matt und mache mich an die Arbeit.
Ich lege einen Schatten auf Estellas Haare, bis sie ein unscheinbares Braun angenommen haben und verankere den Zauber dann in ihrem Ring. Und dann, während Estella damit beschäftigt ist, ihre Haare zu begutachten, wende ich mich an Mikail. »Was ist mit Euch?«, frage ich, da blond und grünäugig auch nicht gerade gewöhnlich in Sotton ist.
Mikail nimmt den Blick von Estella und sieht mich an. »Danke, aber ich denke, es wäre das Beste, wenn ich etwas Aufmerksamkeit auf mich ziehe.«
»Wieso?«, frage ich mit gerunzelter Stirn.
»Nur damit nicht alle Aufmerksamkeit auf Euch liegt«, erwidert er mit ernster Miene.
»Aha«, mache ich, während ich überlege, ob es einen Sinn hat, ihm zu erklären, dass es hilfreich wäre, wenn niemand auf Estella und ihn achten würde. Aber bei seinem Charakter macht das wohl keinen Unterschied. »Wenn Ihr das braucht, Mister«, sage ich und gehe mit einem Kopfschütteln an ihm vorbei.
»Nein, so habe ich es nicht gemeint«, sagt Mikail hastig, während er mir folgt. »Ich denke nur, das würde es einfacher für Euch machen.«
Ich muss grinsen. Er ist so leicht aufzuziehen.
Kommentar
Konstruktive Kritik ist immer erwünscht. Schreib mir, was du denkst und hilf mir damit weiter :)